Knowledge goes digital – Lernen wird digital. Nur...wie eigentlich? Unser Top-Interview.

Das Internet of Things verändert Lerninhalte und das Lernen selbst. Lesen Sie, was auf uns zukommt – im Interview. Unser Tipp!

Knowledge goes digital – Lernen wird digital. Nur...wie eigentlich? Unser Top-Interview.

Ein virtueller Campus mit den elektronischen Kommunikationsformen einer Corporate University  - einer von einem Unternehmen betriebene Fortbildungseinrichtung, die der Aus- und Fortbildung von Mitarbeitern oder künftigem Personal dient. Lehr- und Ausbildungspläne richten sich nach der strategischen Ausrichtung des jeweiligen Unternehmens. Erste US-amerikanische Unternehmen gehen bereits diesen Weg. Deutsche Konzerne zeigen Interesse daran, investieren etwa wie der Mediengigant Bertelsmann in die UDACITY eines Ex-Google-Managers im Silicon Valley Beträge in Millionenhöhe. Hierzulande noch weitgehend unbeachtet, ist dieses Vorgehen in den USA weit verbreitet.
Wie stark beeinflussen US-amerikanische, aber auch deutsche Unternehmen, unsere Bildungs-Institutionen und vor allem die Bildungs-Inhalte? Unter dem Blickwinkel der Digitalisierung betrachtet: Wie werden wir künftig lernen? Wohin treibt uns die Digitalisierung in den nächsten 5 bis 10 Jahren?

Wir haben darüber mit Lars Büsing gesprochen, Gast in der Diskussionsrunde „Knowledge goes digital – educational learning“.
Lars Büsing ist Senior Instructional Designer bei Learnical und berät Unternehmen, die Lernen als strategische Kompetenz entwickeln wollen. Er konzipiert Lernvorhaben in der digitalen Welt und spricht auf Konferenzen dazu. Seit 1996 ist er bereits als Berater und Education Manager in der Industrie tä̈tig.
Q Studieninstitut: „Herr Büsing, bietet die Digitalisierung von Bildungsinhalten eine Möglichkeit, Lernangebote positiv weiterzuentwickeln?“
A Lars Büsing: „Bei unseren Kunden ist die Digitalisierung der internen Aus- und Weiterbildung durch E-Learning und Blended Learning schon lange ein Thema. In den letzten Jahren hat sich das noch mal kräftig beschleunigt. Die verfügbaren Technologien und Algorithmen ermöglichen dabei ganz neue Anwendungsfelder. Hier gehen die Trends zu Community Management und Social Media Learning sowie zu umfangreichen Tool-gestützten E-Learning Plattformen und Wissens-Clouds. In 1-2 Jahren wird es sicher noch deutlich mehr Formate geben, die Präsenzveranstaltungen in virtuellen Räumen ermöglichen oder simulieren. Die Lernangebote werden grafisch, visuell und von der Learning-Journey her professioneller und ansprechender sein, die Lernendenden werden durch attraktivere, auch gamifizierte Angebote mehr in das Lernen hineingezogen. Lernen wird dadurch zeitnah am Lernbedarf und räumlich im Arbeitsumfeld stattfinden - Lernen, Arbeiten und Innovation dabei viel stärker zusammenspielen.“

Q: „Welche Vorteile ergeben sich hieraus für Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Unternehmen?“
A: „Die Digitalisierung der Arbeitsprozesse verändert die Wirtschaft sehr. Die Dinge sind vernetzter, transparenter, alle miteinander gekoppelt. Digitalisierung des Lernens ist ein Weg, sich als Unternehmen darauf einzustellen. Für Unternehmen ist „Lernen“ heute schon ein strategisch wichtiger Faktor und die Fähigkeit sich neue Wissensgebiete zu erschließen, etwas über die Kunden, den Markt und die Mitbewerber zu lernen und sich schnell auf Veränderungen einstellen zu können, wird zum Wettbewerbsvorteil. Lernen findet aber oft noch entkoppelt vom Arbeitsprozess statt. Die oben genannten Lerntrends schaffen neue Lernmöglichkeiten, entlang des Arbeitsprozesses zu lernen. Das ist für die Lernenden besser und nützlicher und die Unternehmen können gezielter ihre Lernbudgets einsetzen. Insofern ist die Entwicklung digitaler und neuer Lernformate gar nicht mehr aufzuhalten und die Anbieter von Lernformaten (interne und externe) werden ihre Geschäftsmodelle und ihre Tätigkeiten daraufhin entwickeln müssen.“

Q: „Worin sehen Sie die deutlichsten Vorteile virtualisierter Lernkonzepte?“
A: „Virtualisierte Lern- und Workshop-Konzepte bieten die Möglichkeit, die Lern- und Arbeitswelten um erweiterte Realitäten zu ergänzen. So können zum Beispiel Werkstücke in virtuellen Räumen von unterschiedlichen Standorten gemeinsam in 3D begutachtet und bearbeitet werden. Durch Elemente aus Gamification und Serious Play verschmilzt Arbeit mit Entertainment. Wissens-Clouds und professionell für das Lernen aufbereitete Wissensfelder stehen „on demand“ zur Verfügung und können jederzeit und überall vom Lernenden abgerufen werden. Ich halte es da mit der Trendforscherin Birgit Gebhart: „So wie Soziale Medien unsere Kommunikation erweitert haben, so werden nun integrierte Lernerfahrungen den Erkenntnisgewinn im Büro steigern.“ (New Work Studie, 2016)

Q: „Welche Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich aus dieser schönen neuen digitalen Bildungswelt für Arbeitnehmer & Arbeitgeber? Und weiter gedacht: für Schüler?“
A: „Durch digitale Lernangebote könnte das Lernen in Arbeit und Berufsausbildung neu erlebt werden. In der digitalen Welt kann ein attraktives und nützliches Angebot zur (gemeinsamen) Erledigung von Aufgaben und zum freudvollen Entdecken relevanter Inhalte entstehen. Für Unternehmen bedeutet dies, das wichtigste Potenzial für den Wettbewerb zu heben: Das Wissen und die Lernbereitschaft der Mitarbeiter/innen!
Ich stelle mir vor, dass schon Schülerinnen und Studierende künftig selbstbestimmter Leben mit einem stärkeren Bezug zu Inhalten, die sie selbst spannend finden. Natürlich unterstützen digitale Tools auch die Interaktion von Lehrer/Schüler bzw. Dozent und Studierenden. In Lehrsälen werden ja zum Beispiel schon heute die Smartphones der Studierenden zur Interaktion in Vorlesungen genutzt.
Das Potential der digitalen Bildungswelt kann nur entfaltet werden, wenn Lernkonzepte konsequent von den Lernbedarfen und Möglichkeiten der Nutzer/innen her gedacht werden. Egal ob Schule, Universität oder Beruf: in den Mittelpunkt der Anstrengungen gehören die Lernenden und nicht der Lerninhalt oder die Expertise der Lehrenden, bzw. der Vermittler/innen.“

Q: „Ist E-Learning auf dem virtuellen Campus einer Corporate University eine entscheidende Ergänzung des Wissensaustauschs oder ersetzt diese Lernform langfristig unser bisheriges tradiertes Bildungssystem?“
A: „Virtuelle Angebote haben gegenüber Präsenzveranstaltungen und Lernzentren (Präsenzveranstaltungen, Aufgaben zwischen den Veranstaltungen, Dozententätigkeiten im weitesten Sinne, Bibliotheken und Medienzentren) einige Vorteile. Sie sind immer verfügbar, können ohne Anreise genutzt werden und haben für das Unternehmen möglicherweise auch finanzielle Vorteile, weil Lernen anders skaliert werden kann. Außerdem bietet virtuelles Lernen viele Möglichkeiten, Lernangebote attraktiver und selbstbestimmter zu gestalten. Ersetzen können sie tradierte Bildungssysteme allerdings nur dann, wenn sie nicht versuchen, diese zu kopieren oder eins zu eins in virtuelle Räumen zu übertragen. Gegenüber herkömmlichen Lernformen muss virtuelles Lernen die Lernenden noch mehr in das Lernen hineinziehen und einen attraktiven Lern-‚Flow‘ herstellen. Ansonsten wird virtuelles Lernen von den Nutzer/innen eher als ‚Sparmaßnahme‘ empfunden und im Zweifel wird der Live-Vortrag dem Anschauen eines Videovortrags am Bildschirm vorgezogen. Lernen braucht zudem immer einen Austausch und ein funktionierendes Miteinander von Lernenden und Lehrenden. Das kann in Corporate Universities nur geschehen, wenn über professionelles Community-Management immer wieder ein ‚Lerneinander‘ hergestellt wird. Auch im virtuellen Zusammenhang ist der Lernende und die Qualität der Beziehung zu anderen Lernenden oder Lehrenden zentral. Daran ändert auch das Medium nichts.“

Q: „Was ist die größte Errungenschaft schon heute im Bereich E-Learning aus Ihrer Sicht? Und wo sehen Sie die größten Potentiale?“
A: „Durch E-Learning, insbesondere die Digitalisierung und Vergemeinschaftung von Wissen, sind schon heute große Wissens-Clouds entstanden, die wie in einer Art „externes Gedächtnis“ von Lernenden genutzt werden. Immer und überall. Dieser Riesenvorrat von mehr oder weniger aufbereitetem und ständig aktualisiertem Wissen ist aber noch nicht für jeden zugänglich. Ähnlich wie bei anderen digitalen Innovationsschüben besteht das größte Potential des E-learnings daher in einer ‚Demokratisierung‘ des Lernens: Selbstbestimmtes Lernen, fast grenzenloser Zugang zu Lerninhalten und Bereitstellung von intuitiven Lernwerkzeugen für jede/n einzelne/n. So wie Textverarbeitungen uns alle zu Layouter/innen und Autor/innen gemacht haben, Spreadsheets uns zu Statistiker/innen, Musikprogramme uns zu Komponist/innen und Content Management Systeme uns zu Webdesigne/innen, können E-learning-Tools uns zu Expert/innen und ‚Gestalter/innen’ unserer eigenen Lernvorhaben machen.“

Q: „Gibt es denn auch besondere Hindernisse auf dem Weg in die digitalisierte „Lern“welt?“
A: „Die technischen Hindernisse der Vergangenheit (Bandbreiten, Distribution und Funktionsumfang von Endgeräten, attraktive Tools für Nutzer/innen und Entwickler/innen) werden zunehmend überwunden. Deswegen besteht das große Hindernis auf dem Weg in eine digitale Lernwelt heute darin, Erkenntnisse der neueren Lernforschung und zum validierten Lernen in die Praxis umzusetzen. Zu oft wird das, was wir aus tradierten,  ‚realen‘ Lernumgebungen kennen, eins zu eins in den virtuellen Raum übertragen und zu selten wird von den technischen Möglichkeiten und wissenschaftlicher Erkenntnisse her das Lernen an sich neu gedacht. Lernverantwortlichen fällt es schwer, ihre eigenen erlernten Konzepte und Vorgehensweisen loszulassen. Die Nutzer/innen sind in ihren informellen Lernaktivitäten schon weiter: Meetups, Interessengruppen, Social Media, das Nutzen freier Lernangebote im Netz auch gemeinsames Arbeiten im Rahmen von Hackathons oder Barcamps gehören vor allem in IT-nahen Berufen zum persönlichen Lernmix. Diese Praxis der selbstbestimmten ‚Lernreisen‘ aufzunehmen und die Interessen und Möglichkeiten der Lernenden in den Mittelpunkt zu stellen, um attraktive, in das Lernen hineinziehende Lernangebote zu erstellen, ist hier die große Herausforderung.“

Q: „Herr Büsing, herzlichen Dank für das Gespräch.“

Das Interview führte Petra Zimmermann, das Lektorat übernahm Tanja Barleben,
beide PR-Abteilung Studieninstitut für Kommunikation.

Kontakt Lars Büsing
Learnical. Lernen als strategische Kompetenz.
Tel.      +49 40 18 133 155
Mobil  +49 172 40 30 558
E-Mail  lars@learnical.com
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Learnical
GbR Dellnitz & Büsing
im NIT-Northern Institute of 
Technology Management
21073 Hamburg
www.learnical.com

Lars Büsing - zu hören und zu sprechen auf dem CAREER HUB des Studieninstituts „Knowledge goes digital – educational learning“ am ersten Messetag der BEST OF EVENTS .
am 18. Januar 2017 um 11 Uhr in Halle 7.

Bildquelle: Learnical