Nachbarland Niederlande: Um die Ecke denken

Was machen unsere Nachbarn in Holland? Interview mit Hans Schriever und Sjoerd Weikamp von NEXTLIVE

Nachbarland Niederlande: Um die Ecke denken

Der Eventmarkt in den Niederlanden hat noch Entwicklungspotential. Aber warum ist das so und welche Unterschiede gibt es zum deutschen Markt? Wir haben bei Hans Schriever und Sjoerd Weikamp von NEXTLIVE nachgefragt. Sie betreiben in der niederländischen Eventbranche zwei digitale Plattformen, sind Herausgeber eines Fachmagazins und veranstalten diverse inhaltsbasierte Eventformate, darunter der Branchen-Award für Live-Kommunikation: Die Goldene Giraffe.

Welche Unterschiede gibt es im Eventmarkt in den Niederlanden im Vergleich zu Deutschland? Warum?

Hans Schriever: Die Qualität von Live-Kommunikation und Experience-Marketing liegt in Deutschland ein Stück höher. Im direkten Vergleich der Cases bekommt man hier und da schon den Eindruck, dass der deutsche Markt anspruchsvoller ist. Tatsächlich lässt sich dieser Eindruck aber auch dadurch erklären, dass die hiesigen Budgets höher sind als in den Niederlanden. Dennoch sollte man den Markt unserer Nachbarn nicht unterschätzen. Die niederländische Eventbranche glänzt im internationalen Vergleich durch Kreativität. ‚Um die Ecke denken‘ gehört dort zum Standard. Und auch wirtschaftlich arbeitet die niederländische Branche sehr effektiv. 

Stichwort Wirtschaft: wie sieht die wirtschaftliche Entwicklung dieser Branche in den Niederlanden aus?

Sjoerd Weikamp: Im globalen Vergleich von Live-Kommunikation und Experience-Marketing nehme ich seit Jahren einen chronischen Mangel an Zahlen, Daten und Fakten zur Effektivität unserer Branche wahr. Dennoch sehen wir in den Niederlanden eine sehr positive Entwicklung. Nationale wie globale Brands, Shell, KLM, Albert Heijn, McDonald´s oder Coca-Cola verlagern ihre Budgets von Massenmedien auf Live-Kommunikation und Experience-Marketing. Wir sehen, dass die Kampagnen diese Marken immer mehr auf die Experience – auf das Markenerlebnis - abzielen. Aus meiner Sicht eine sehr positive Entwicklung, denn sie spricht für die Effektivität dieser Kommunikationsdisziplin. 

Übrigens arbeiten wir in den Niederlanden gerade mit einem Neuro-Forschungsinstitut und der Universität von Amsterdam an einer Studie, die die Effektivität von Live-Kommunikation und Experience Marketing wissenschaftlich belegt. Inhaltlich wie finanziell gestützt wird diese Studie von der Party Rent Group, der Messe RAI Amsterdam, D&B Eventmarketing und der Sanoma Media Group.

Wird die Live-Kommunikation in den Niederlanden ähnlich bedeutend eingeschätzt wie in Deutschland?

Hans Schriever: Ja, Live-Kommunikation und Experience-Marketing rücken auch in den Niederlanden immer mehr in den Mittelpunkt großer Kampagnen. Ein Beispiel dafür ist die Activation-Kampagne ‚Good Times Island‘. Die Restaurant-Kette lancierte 2017 den Slogan ‚Always in for Good Times’ und versprach den Konsumenten spontane Glücksmomente mit Fast- und Fresh-Food. In den für den Jahresumsatz so wichtigen Sommermonaten realisierte McDonald’s die Kampagne ‚Good Times Island‘ und baute dafür eine tropische Insel in den größten niederländischen Binnensee, dem Ijsselmeer. Die Live-Experience wurde zum Content-Geber für eine crossmediale Kampagne. 

Das Ergebnis konnte sich sehen lassen: Die Activation Kampagne erreichte ca. 96 Prozent der niederländischen Bevölkerung. Die Landingpage der Kampagne wurde über 333.000 Mal besucht. 34.899 Menschen haben sich für einen Besuch auf 'Good Times Island' angemeldet. Über die smarten, crossmedialen Verknüpfungen des Contents wurden 5,4 Mio. Facebook Profile erreicht, das sind die Hälfte aller Facebook-Unser in den Niederlanden. Über Instagram wurden 1,4 Mio. Impression gezählt, bei einer durchschnittlichen Conversion Rate von 60 Prozent. 

Auch wirtschaftlich betrachtet war das Ergebnis beeindruckend: 2,7 Mio. zusätzliche Besucher in den drei Sommermonaten sorgten 2017 für ein Umsatzplus von 11,5 Prozent, das Ziel lag bei 7.2 Prozent. Und 2018 übertraf man das Vorjahresergebnis erneut: Die Kampagne ‚McDonald’s For You‘, bei der wiederum der Live-Moment zum Content-Geber wurde, der auf alle Kanäle abstrahlte, bewirkte ein Umsatzplus von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. 

Gibt es im dortigen Eventmarkt ebenfalls einen Fachkräftemangel? Wenn ja, warum?

Sjoerd Weikamp: Ja, klar. Auch die Event-Industrie in den Niederlanden ist von diesem sozialen Problem stark betroffen. Das liegt zum Teil darin begründet, dass die Niederlande nicht nur Weltmeister in Sachen Festivals ist – nirgendwo ist die Festival-Dichte höher – auch die Anzahl der Business-Events nimmt stark zu. Beide Veranstaltungsformate greifen auf die gleichen personellen Ressourcen zu. Gerade in Branchen-Segmenten, wie der Veranstaltungssicherheit oder dem Event-Catering, ist der Fachkräftemangel enorm spürbar. Eine ernsthafte Herausforderung für unsere Branche, der wir mit Ideenvielfalt und neuen Herangehensweisen begegnen müssen. 

Wie und wo findet die Aus- und Weiterbildung von Eventmanagern in den Niederlanden statt?

Sjoerd Weikamp: In den Niederlanden wird das Bildungsangebot vor allem aus Branche selbst angeboten. Dabei gibt es eine große Bandbreite an Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen, angefangen bei Kursen für Personal Assistents, die einmal jährlich einen Event organisieren bis hin zu akademischen Studiengängen für Brandmanager, die Live-Kommunikation und Experience-Marketing strategisch in ihrem Marketing-Mix einsetzen. 

Was ich persönlich begrüße, sind die inzwischen soliden Brücken, die von den Hochschulen und Universitäten in die niederländische Event-Industrie geschlagen wurden. Nehmen wir zum Beispiel die Privat-Uni TIO. Gemeinsam mit der niederländischen Schwester von NEXTLIVE – EventBranche.nl – organisiert TIO eine sogenannte ‚Event-Week‘ für die Studierenden, in der Praxiswissen aus dem Eventmanagement vermittelt wird. Die Event-Week führt den Nachwuchs nicht nur an die Praxis heran, oftmals ist sie auch das ideale Sprungbrett in einen späteren Job. Für Unternehmen in der Event-Industrie ist die Event-Week die ideale Plattform für Employer Branding. Wir denken gerade darüber nach, künftig vielleicht eine solche Event-Week gemeinsam mit dem Studieninstitut für Kommunikation zu entwickeln. Das Konzept haben wir in der Schublade. 

Was sind die Aufgaben im niederländischen Eventmarkt für die Zukunft? Was können wir als Nachbarn davon lernen?

Sjoerd Weikamp: Ich denke, dass unser niederländischer Case der Event-Week ganz klar belegt, dass die Brücke zwischen der Vermittlung von theoretischem Wissen und praktischen Erfahrungen eine sehr effektive Symbiose hervorbringt. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels ist es von großer Bedeutung, dass wir den Nachwuchs qualifizieren, in Theorie und Praxis. Darüber sollten wir auch erfahrene Fachkräfte und Quereinsteiger weiterbilden. Die Event-Week unserer niederländischen Plattform in Kooperation mit der Privat-Uni TIO zeigt, wie effektiv man dem Fachkräftemangel begegnen kann. Dieses Konzept können wir mit NEXTLIVE und einer etwaigen Kooperation mit dem Studieninstitut auch in Deutschland sehr erfolgreich umsetzen. Aktuell ist das natürlich noch Zukunftsmusik. Aber unsere Branche ist hinlänglich für ihre Dynamik bekannt, insofern blicken wir voller Tatendrang in die Zukunft. 

An wen können sich deutsche Nachwuchskräfte wenden, wenn sie im niederländischen Eventmarkt tätig werden wollen?

Hans Schriever: Sie können sich an das Team von NEXTLIVE wenden. Über unser niederländisches Partnernetzwerk stellen wir gern die Kontakte zu entsprechend potenziellen Arbeitgebern her.

 

Über NEXTLIVE

Die digitale Plattform bündelt segmentüberschreitend das Wissen aus Live-Kommunikation und Experience-Marketing und stellt es Marketing- und Budgetverantwortlichen aus Wirtschaft und Industrie zur Verfügung. Dabei verknüpft die NEXTLVE das Wissen der Event-Industrie mit ihrem Leistungsspektrum. 

Kontakt:

NEXTLIVE
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