Markenkommunikation mit allen Sinnen: Duft spielt noch eine untergeordnete Rolle

Olfaktorik-Experte Thierry Jean Bourrat zur Macht der Düfte.

Markenkommunikation mit allen Sinnen: Duft spielt noch eine untergeordnete Rolle

Er ist einer der äußerst interessanten Referenten des Speziallehrganges „Multisensorische Markenkommunikation“, der vom 7. bis 9. Oktober in Düsseldorf stattfindet: Der gebürtige Franzose Thierry Jean Bourrat (48) ist Duftexperte und Diplomingenieur in einer Person. Im Auftrag der Firma drom fragrances leitete er die Entwicklung von Duftkreationen für die Parfüm- und Kosmetikindustrie, u.a. für Beiersdorf, Henkel und Procter & Gamble. Als konsequente Weiterentwicklung seiner Arbeit berät er auf selbstständiger Basis als Fragrance Coach.

Wie haben Sie sich als Diplomingenieur zum Duftexperten qualifiziert, wie entwickelte sich Ihr Interesse für dieses Thema?
Dies war ein bisschen Zufall. Meine erste Arbeitsstelle fand ich nach dem Studium in Grasse in der Provence, damals noch das europäische Zentrum für Duftentwicklungen. Ich war dort im Bereich Rohstoffe zuständig, beschäftigte mich auch mit den Prozessen wie Destillation und Extraktion. Natürlich, ätherische Öle und Aromen - das interessierte mich besonders.

Was ist besonders interessant daran, Duftkreationen zu entwickeln?
Das ist eine Kunst, ein Spiel. Der Parfümeur muss soviele unterschiedliche Aspekte berücksichtigen - welche Farbe hat zum Beispiel der Flakon, wo soll das Produkt verkauft werden. Es wird ein so genanntes "mood board" entwickelt, das alle "Stimmungen", die der Duft hervorrufen soll, berücksichtigt. Auch wirtschaftliche Fragen oder technische Details - wie die Stabilität des Duftes - werden in die Entscheidungen miteinbezogen.

Wie hat sich die Bedeutung von Olfaktorik in Bezug auf die Multisensorische Markenführung in den letzten Jahren entwickelt?
Eigentlich wird die Welt der Düfte noch viel zu wenig beachtet. Tiere beziehen den Geruchssinn viel mehr ein. Wir Menschen reagieren in erster Linie auf auditive und visuelle Reize, also auf Musik, Töne, und auf Bilder. Meine Aufgabe ist es, den Geruchssinn wieder zu schärfen, die Aufmerksamkeit dafür herzustellen. Positiv betrachtet heißt das, dass dieser Bereich noch so wenig erforscht ist, dass noch viele Erkenntnisse und Entwicklungen zu erwarten sind.

Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen, wie Olfaktorik wirken kann?
In einem Café, in dem es lecker nach Kaffee duftet, trinken Menschen lieber ihren Kaffee oder Espresso als in einem, in dem es nach Reinigungsmitteln riecht. Bei einem Bäcker, bei dem es lecker nach Brötchen duftet, bleiben viel mehr Kunden stehen und kaufen spontan ein Brötchen als wenn dieser Duft nicht wäre. Was Menschen allerdings als "gut duftend" werten und nicht, ist in vielen Kulturen komplett unterschiedlich.

Können Sie uns Beispiele nennen?
Wir mögen zum Beispiel, besonders in der Winterzeit, den Duft von Zimt. Viele Menschen in Afrika verabscheuen diesen Geruch, sie sind ihn nicht gewohnt. Japaner mögen nur dezente Düfte. Aber sie mögen zum Beispiel den Geruch von rohem Fisch. Welchen die meisten US-Amerikaner total ablehnen. Die wiederum mögen Parfüms eher etwas ausdrucksstärker, sie sollen lange halten.

Wo geht es hin in Zukunft in Bezug auf unseren Geruchssinn, werden wir demnächst von starken unterschiedlichen Düften / Gerüchen umgeben sein im Supermarkt oder wird uns dieser Aspekt der Markenkommunikation nur in Ausnahmefällen direkt „in die Nase gehen“?
Im Supermarkt wird es immer sehr schwer sein, Düfte künstlich zu verbreiten, weil sie es nicht mit einer homogenen Kundengruppe zu tun haben. Aber, da, wo der Einzelne ins Visier kommt, dessen bevorzugte Düfte man kennt, wird es vor allem um neue Technologien gehen. Um die Steuerung der Duftentfaltung, also zum Beispiel die räumliche Beschränkung. Das klappt noch nicht optimal, daran arbeiten wir.

Viele denken beim Thema „Olfaktorik“ an den Film „Das Parfüm“, haben Sie den Film auch gesehen, und wie urteilen Sie über die Darstellung Ihres Metiers…?
Diesen Film kann ich allen, die sich für das Thema interessieren, empfehlen, auch wenn er recht gruselig ist an manchen Stellen. Es zeigt aber doch das "Unantastbare" der Düfte, man kann sie nicht fassen, kaum erklären, sie haben viel mit unserem Instinkt zu tun, sind mit Erinnerungen verbunden - sonst würden wir Düfte nicht wiedererkennen können. Düfte umgibt eine gewisse Mystik - all das wird auch in dem Film deutlich.